Esvin Alarcón Lam | The Practical Guide to Gardening

Esvin Alarcón Lam | The Practical Guide to Gardening
Künstlerhaus Bethanien,
Kottbusser Straße 10 Berlin 10999 DE

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Selbstporträts, die den Heilungsprozess nach einer Haartransplantation dokumentieren. Diese persönlichen Aufnahmen gewähren Einblicke in die verletzliche Seite des Künstlers und laden die Betrachter*innen ein, gesellschaftliche Vorstellungen von Männlichkeit und Schönheit, Geschlecht und Körper zu hinterfragen.

Esvin Alarcón Lam stellt den Körper dabei sowohl als Ort der Heilung als auch als Akt des leisen Widerstands und der Selbstermächtigung dar, der zugleich zutiefst persönlich und politisch ist.

Der Künstler verknüpft diese körperliche Erfahrung mit der Geschichte von Bambus, einer Pflanze, deren Einführung und Transplantation nach Mittelamerika die Spuren kolonialer Ausbeutung offenbart.
Bambus wurde von der United Fruit Company importiert und erstmals im Lancetilla Botanical Garden in Honduras angebaut. Der in den 1920er Jahren gegründete Garten diente als Experimentierfeld, um „exotische“ Pflanzen an das regionale Klima anzupassen und so Monokulturen für den US-amerikanischen Markt zu etablieren. Bambus wurde in diesem Kontext zur Ware und gleichzeitig zum Werkzeug der Kontrolle.

Diese Geschichte ist eng verknüpft mit der Rolle von Botaniker*innen, die in kolonisierten Gebieten häufig zu Instrumenten der Enteignung und Unterdrückung wurden.
Ein Beispiel hierfür ist Floyd McClure, der sowohl für das USDA als auch für die US-Armee arbeitete und exemplarisch die Verbindung von Wissenschaft und Imperialismus verkörpert. Floyd McClure importierte Bambus aus China nach Amerika – offiziell für landwirtschaftliche Zwecke, zugleich aber auch zur Erfüllung militärischer Ziele.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden Bambus-Skistöcke wegen ihrer Stärke und Widerstandsfähigkeit von der 10th Mountain Division, einer Eliteeinheit der Colorado Rangers, genutzt, um in unwegsamem Gelände zu navigieren. Diese Skistöcke, die als Verlängerung des menschlichen Körpers dienten, erhöhten die Mobilität der Soldaten in schwierigem Terrain.

Die Arbeit White Snow / Mud Trails nimmt diese Themen durch die kritische Betrachtung von Landschaften und ihrer Verknüpfung mit kolonialen und militärischen Narrativen auf.
Mit dieser Arbeit konterkariert der Künstler romantisierte Vorstellung von Landschaft als idyllischem Raum und thematisiert stattdessen ihre Funktion als Schauplatz von Macht und Kontrolle. Die Spuren im Schlamm erinnern an die Skispuren von Luxusresorts und ziehen eine Linie zu den militärischen Einsätzen.

Durch diese komplexen Verflechtungen thematisiert Esvin Alarcón Lam auch die kulturelle Symbolik des Bambus. O
ftmals als Symbol asiatischer Kultur exotisiert, wird Bambus mit Stereotypen aufgeladen, mit denen sich der chinesisch-guatemaltekischer Künstler in globalen Kontexten konfrontiert sieht. Durch die Neuinterpretation der kolonialen und kulturellen Geschichte des Bambus zeigt er, wie solche Narrative historisch wie auch heute instrumentalisiert und kommerzialisiert werden.

Mit The Practical Guide to Gardening lenkt der Künstler den Blick auf die schmerzhaften Geschichten von Transplantation und Transformation – sowohl in Bezug auf seinen eigenen Körper als auch auf Bambus. Er zeigt, wie persönliche und kulturelle Eingriffe Spuren hinterlassen, die sowohl von Verlust als auch von Widerstand zeugen. Wie der Bambus, der durch koloniale Praktiken in fremde Landschaften verpflanzt wurde, erzählt auch sein Körper von Anpassung und Überwindung, von Verletzlichkeit und der Möglichkeit, neue Wurzeln zu schlagen. Der Künstler lädt dazu ein, Identität, Körper und Kultur als Prozesse zu verstehen, die durch Brüche, Migration und Erneuerung geformt werden.

 

Esvin Alarcón Lam ist ein multidisziplinär arbeitender Künstler aus Guatemala-Stadt. In seiner Arbeit untersucht er Themen wie Identität, kulturelles Erbe und sozialpolitische Geschichte, wobei er oft recycelte Materialien und symbolische Objekte einbezieht.

Alarcón Lam war 2023/2024 Stipendiat des DAAD Künstlerprogramms in Berlin. Neben seiner Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien zeigt er vom 17. Januar bis 20. März 2025 auch Arbeiten in der daadgalerie.


ERÖFFNUNG: 23.01.2025, 19 Uhr

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